Ein Erfahrungsbericht über den Aufenthalt in einer Jugendhilfeeinrichtung irgendwo im Westen Deutschlands
Im Letzten Beitrag habe ich schon über dieEinstellung einer gewissen Jugendhilfeeinrichtung gegenüber den Eltern berichtet, und wie deren grundsätzliche Versorgung eines schwerbehinderten Kindes aussieht. Heute soll es um den pädagogischen Ansatz der Wohngruppe und auch den der Schule gehen.
Pädagogischer Ansatz
Der letzte Bericht zeigt eigentlich schon ganz deutlich den pädagogischen Ansatz der Einrichtung. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf dem Bestrafen, nicht dem Loben und schon gar nicht dem Fördern!
Tims Vorberichte waren denen total unwichtig. Haben sie doch selber zig Jahre Erfahrung mit ‚solchen‘ Kindern. So viel Erfahrung gar, dass mir der Leiter der Wohngruppe nach einer Woche am Telefon berichtete, dass er Tims Autismus Diagnose stark infrage stellen würde. Denn Tim sei ja an Kontakt mit anderen Kindern interessiert. Und sein Verhalten sei reine Provokation und volle Kalkül.
Ja, mit der Einstellung kann man ja den Kindern dort nur gerecht werden, nicht wahr?! Aber da man Vorberichte ja eh nicht wirklich las, und schon gar nicht aufgrund dessen irgendetwas anpassen würde, waren Diagnosen eh völlig überflüssig.
Der Förderplan
Ja, den Namen habe ich tatsächlich für diesen Plan gehört! FÖRDERplan. Was für ein Witz. Er wird auch Phasenplan genannt. Generell habe ich eigentlich gar nicht unbedingt etwas gegen Phasenpläne. In der Klinik hat der für Tim sogar sehr gut funktioniert. Aber auch nur, weil der ja komplett an ihn angepasst worden war. Sowohl von den Zeitabschnitten, wie häufig man mit ihm reflektiert, wie viele Punkte er braucht für die nächste Stufe, aber eben auch, was Tim sich mit der nächsten Stufe ‚verdienen‘ kann, also welche Freiheiten oder Vorteile er damit bekommt.
In seiner Wohngruppe hatten jedes Kind denselben Förderplan, dieselben Phasen und dieselben ‚Vergünstigungen‘. Das macht für mich überhaupt keinen Sinn, denn 1. sind die Kinder in der Wohngruppe total altersgemischt und sind eben auch sonst von ihren Möglichkeiten komplett verschieden.
Für Tim ergab sich daraus, dass er die meiste Zeit der 8 Wochen auf Phase 0 hockte!!! Ab 3 Punkten kam man auf Phase 1 (in der man dann Freiheiten hat wie 3DS spielen, Musikmedien nutzen, draußen spielen mit anderen, Süßigkeiten essen, sich auf dem eigenen Zimmer oder auf dem anderer verabreden). Tim hat es aber in den 8 Wochen vielleicht 2 Mal auf Stufe 1 geschafft, was letztlich bedeutet, dass er den Rest der Zeit quasi jeden Nachmittag Zimmerarrest hatte.
Ab Phase 2 hätte Tim dann auch mit den anderen fernsehen dürfen oder sich draußen mit Kindern etwas weiter von der Wohngruppe entfernen dürfen. In Phase 3 hätte Tim auf dem gesamten Gelände (und das ist riesig!) 30 Minuten Ausgang gehabt, hätte länger Nintendo spielen dürfen, und beim Stadtgang sich eine halbe Stunde abmelden dürfen.
Ab Phase 4 dürfen sich Kinder dann – durch Abgabe von verdienten Punkten – einen Film gucken erkaufen, oder – durch höhere Abgabe von Punkten- sich eine Aktivität mit einem Erzieher erkaufen. Oder aber stattdessen Handyzeit kaufen. Als Vergleich – Sonderaktion mit Erzieher kostet 50 Punkte. 30 Minuten zusätzliche Handyzeit kosten 5 Punkte…hmmm
In der höchsten Phase, Phase 5, können sich Kinder für 150 Punkte (!!!) ein zusätzliches Wochenende Zuhause erkaufen. Oder aber für 5 Punkte 30 Minuten am Computer, oder 1 Stunde Abmelden beim Stadtgang.
Diesen Phasenplan habe ich mehrfach angesprochen. Ich bat darum, dass man ihn doch an Tims Möglichkeiten anpassen möge. Denn 1. war ja offensichtlich, dass es für Tim nicht möglich ist, genug Punkte zu sammeln um es auch nur auf Stufe 1 zu schaffen (wie frustrierend???), und 2. sind die ‚Vergünstigen‘ absolut nicht für Tim geeignet. Auch wenn Tim auf Stufe 2 wäre, hätte ich es nicht für sinnvoll gehalten, ihn ohne Aufsicht mit anderen Kindern 30 Minuten lang außer Sichtweite der Wohngruppe zu lassen, oder gar auf dem gesamten Gelände oder in der Stadt!
Und was uns bei Sichtung des Phasenplanes auch wie Schleier von den Augen fiel war: Tim würde dort sich NIEMALS ein zusätzliches Besuchswochenende verdienen können. Denn er würde es ja niemals auf die allerhöchste Stufe schaffen, und hätte erst recht nicht dann noch 150 Punkte über – die er ja als Tausch abgeben müsste.
Wie gesagt, angesprochen habe ich den Plan mehrfach. Mir wurde nur immer wieder gesagt, dass der Plan sehr gut ziehen würde. Denn Tim sei motiviert, es auf die nächste Phase zu schaffen. Meine Einwände, wie frustrierend es für einen so jungen Kerl sein muss, wurden mal wieder ignoriert. Ich bin ja nur Mutter.
Es wurde auch nicht geschaut WARUM ein Kind heftiges Verhalten an den Tag legt, um dieses in Zukunft vermeiden zu können. Stattdessen wurde der Druck nur noch einmal erhöht durch weitere Bestrafungen und Drohungen.
Die Bestrafungen waren unverhältnismäßig hoch und pädagogisch sehr fragwürdig. Dazu gehörte u.a. ein ständiges Abschreiben von irgendwelchen Regeln. Tim musste permanent die Respektregeln abschreiben, wenn er einer Aufforderung nicht gefolgt war. Und das nicht ein Mal sondern immer direkt 3 Mal. Da Tim sich natürlich auch gegen dieses idiotische Abschreiben wehrte, brauchte er dafür dann auch komplette Nachmittage.
- Ein anderes Mal hatte sich Tim anscheinend in der Schule nicht ordentlich aufgestellt, und sollte deswegen die Aufstellregeln abschreiben (??). Da er sich weigerte, musste er daraufhin die Klassenregeln mehrfach abschreiben. Worauf er dann komplett ausrastete und aus der Schule abgeholt werden musste.
- Ein weiteres Mal hat Tim in der Morgenroutine in der Wohngruppe wohl dazwischengeredet als ein Erzieher sprach. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Dazwischenreden sogar auch durchaus etwas Provokantes war. Doch die Konsequenz, die sich für Tim daraus ergab, machte mich dennoch sprachlos. Als Strafe musste Tim an dem Nachmittag (also nicht einmal direkt folgend!) 40 MAL schreiben:
-
Ich höre auf das was die Erzieher sagen. Sprechverbot bedeutet nicht reden sondern still sein‘
- Ein anderes Mal hatte Tim während der Morgenroutine einen Fehler gemacht. Anscheinend müssen die Zimmertüren während des Aufräumens geschlossen sein, doch war seine offen. Als Sanktion darauf musste er an dem Abend direkt nach dem Abendessen schlafen gehen. Wie Tim berichtete geschah das dort fast täglich. Mindestens ein Kind musste eigentlich immer früh schlafen gehen. Ist ja auch sehr bequem, da die Gruppe personell ziemlich unterbesetzt.
- Ein anderes Mal hatte er während der Morgenroutine Musik gehört, was anscheinend verboten ist. Also wurde ihm eine komplette Woche sein iPod weggenommen. Sein iPod, mithilfe dessen er sich häufig beruhigen oder entspannen kann, da ihm Musik sehr gut tut.
- Das Heftigste kam dann aber ein paar Tage bevor wir ihn dann endlich nach Hause geholt haben. Tim hatte anscheinend eines Nachmittags seine Hausaufgaben verweigert. Es hat sich dann so hochgeschaukelt, dass er einen totalen Meltdown hatte. Dass diese bei Tim extrem heftig und aggressiv ausfallen, dass wissen wir ja bereits. Und da aus allem Vorhergegangen ja schon klar war, dass man bei Tim bei schwierigem Verhalten den Druck eher erhöht als zu versuchen diesen zu reduzieren, kann ich mir gut vorstellen, dass in diesem Meltdown auch Stühle und Tische geflogen sind. Die Schienbeine der Erzieherin waren wohl blau. Und das muss natürlich eine Konsequenz haben. Also wurde Tims Zimmer KOMPLETT leer geräumt. Kein Lego, keine Bücher, keine Musik, keine Malstifte oder Papier, nicht einmal seine Kuscheltiere blieben ihm. Was blieb waren sein blankes Bett und sein Schreibtisch. Ab der kommenden Woche sollte er sich dann seinen Sachen durch gutes Verhalten Stück für Stück zurückverdienen können. Eine perfekte Umgebung also, für ein extrem stressanfälliges Kind…..
An dieser Stelle waren wir dankbar dafür, dass man unsere Empfehlung, Tim ein Einzelzimmer zu geben, ignoriert hatte. Denn so hatte er zumindest hin und wieder seinen Zimmernachbar, der ihn mit seinem Lego spielen ließ.
- Ja, und die Drohungen….diese gingen anscheinend immer von derselben Erzieherin aus. Welche im Übrigen auch die ist, die die meisten der hirnrissigen Bestrafungen sich einfallen ließ. Und genauso ist es diejenige, die ja schon seit 20 Jahren im Dienst ist und weiß wie es läuft.
An dem letzten Besuchswochenende zuhause erzählte Tim mir, dass es einige Mal Schwierigkeiten gegeben habe in der Gruppe. Und dann erzählte er, mit Tränen in den Augen, dass man ihm angedroht habe sein Besuchswochenende zuhause zu streichen, wenn er sich nicht besser benehme. Ich denke jeder kann sich vorstellen, wie sich ein noch nicht ganz 9-jähriger, der eh Heimweh hat, fühlt, wenn ihm das angedroht wird?! Und welch zusätzlicher Druck bei einem Kind wie Tim dadurch erzeugt wird!
Ich habe Tim immer und immer wieder gesagt, dass wir das NIE zugelassen hätten. Und dass man sein Wochenende gar nicht streichen darf. Doch wirklich glauben konnte er es sicherlich trotzdem nicht, da man dort ja auch sonst jegliche Drohungen umsetzte.
Ganz ehrlich, diese eine Erzieherin, und das habe ich auch bei Tims Auszug dort ganz offen gesagt, hat ihren Beruf verfehlt! Mag sein, dass sie vor 20 Jahren noch Spaß an ihrem Job hatte, aber der scheint nicht mehr vorhanden zu sein. Und ihren Frust lässt sie nun durch sadistisches Verhalten an den armen Kindern aus.
Wirklich schade, denn es gab auch einen wirklich sehr sympathischen Erzieher dort. Auch Tim mochte ihn sehr. Doch was hat ein solcher für eine Chance, als junger Kerl, in einem Team mit einem Leiter der Eltern und Diagnosen ignoriert und einer alteingesessenen Sadistin? Und so ist es dann, dass die paar guten Erzieher ihren Job verlassen…
Die Beschulung
Auch hier war anscheinend kein Austausch mit Eltern erwünscht. Kein einziges Mal hat sich ein Lehrer bei uns gemeldet!
Der pädagogische Ansatz hier? Genau wie in der Wohngruppe (immerhin ist man da konsistent!): immer wieder Regeln abschreiben, oder in Schönschrift abschreiben, Druck erhöhen statt Druck nehmen. Folge: Tim verweigerte Schulaufgaben, was es bisher so gut wie nie gegeben hatte!!
Wenn ich mir nun Tims Schulsachen durchgucke, dann wundert mich Tims Verweigerung wirklich gar nicht. Wir haben hier einen Jungen, der unbedingt lernen möchte. Ja, manchmal hat er große Schwierigkeiten, Aufforderungen nachzukommen. Und ja, er hat erhebliche Probleme mit seiner Handschrift. Hatte er schon immer, was auch mit seinem generellen Problem der Feinmotorik zu tun hat. Das war der Schule auch bekannt. Doch, wie in der Wohngruppe, statt ihn in seinen Defiziten zu fördern, bestrafte man ihn. Statt ihm Wege zu zeigen, wie seine Schrift leserlicher werden kann, musste er immer und immer wieder denselben Text abschreiben, bis er halbwegs leserlich war.
Ich bin ja eigentlich selber Lehrerin. Eine der ersten Sachen die ich gelernt habe war, dass man immer versuchen solle positive Kritik zu geben. Und das habe ich tatsächlich immer versucht zu tun. Ich habe nie einen Rotstift benutzt (ich finde die Farbe unglaublich aggressiv!), und habe alles immer versucht positiv zu formulieren. Nicht so an Tims Schule. Ein Beispiel eines Kommentars unter seinen Hausaufgaben hatte ich neulich schon auf meiner Facebookseite veröffentlicht, füge ihn aber gerne auch nochmal hier hinzu. Ich denke er zeigt ganz deutlich den pädagogischen Ansatz der Schule. Den pädagogischen Ansatz einer reinen Autistenklasse!
Ja, dieses Kapitel ist nun zum Glück vorbei! Tim ist wieder bei uns zuhause. Wir bereuen es keinen einzigen Tag. Ja, es ist extrem belanstend und eine große Herausforderung für uns alle, inklusive Tim. Aber wenn es einen sehr belastend Tag gegeben hat und Tim abends fix und fertig in seinem Bett lag und ich mich noch einmal an ihm ankuschelte und ihm sagte wie sehr wir ihn lieben, dann war er doch immerhiin fix und fertig zuhause. und nicht einsam in einem Zimmer einer WOhngruppe, in dem sich einige Erzieher anscheinend nur so über sein Scheitern freuten.
Wir haben eine Menge gelernt. Unter anderem, dass wir naiver sind als wir es je gedacht hatten. Aber was ich jetzt, wieder mit Tim zuhause, merke ist, wie leicht es irgendwie war, und auch wieder wäre, eine stationäre Unterbringung zu finden. Aber wie schwer es ist eine Lösung zu finden, damit Tim nicht nur zuhause sein kann, sondern auch, dass er eine wirklich offene Schule findet (mit passender Unterstützung) und auch Unterstützung sowohl für Tim als auch für mich an Nachmittagen und Ferien, damit es eben auch dauerhaft für uns alle machbar ist.
Ich bekomme immer und immer wieder sehr kritische und bewertende Kommentare was Tims Unterbringung in der Einrichtung etc angeht. Und ja, natürlich machen wir uns selber große Vorwürfe. Aber der Grund, warum wir diesen Schritt doch überhaupt nur durchgeführt hatten war, weil wir am Ende unserer Kräfte waren. Weder Tim noch wir bekamen die Unterstützung, die wir brauchten. Und so ist es momentan wieder. Tim ist komplett zuhause (bis es eine Lösung zur Beschulung gibt), Und nachmittags bin ich ganz auf mich allein gestellt mit Tim und Geschwisterkindern. Warum also ist es so leicht, ein Kind stationär unterzubringen, jedoch so schwer, genug Unterstützung in der häuslichen Unterbringung zu bekommen? Ich verstehe es wirklich nicht!
Liebe Eva, vielen Dank für Deinen ausführlichen Bericht. Ich finde es erschreckend zu lesen, wie diese Menschen mit Deinem Sohn umgegangen sind. Mich macht es sehr traurig, da ich selber einen autistischen Jungen habe und ich nachvollziehen kann, wie schwer es sein muss, sein Kind in fremde Hände zu geben. Man geht davon aus, dass er liebevoll (konsequent) umsorgt wird und ein individueller Weg gefunden wird, um mit ihm zu kommunizieren. Es ist schlimm, dass Tim diese negativen Erfahrungen machen musste. Er ist nicht falsch, das System ist – manchmal – einfach nicht passend. Mich macht es wütend zu lesen, dass ihr bewertende Kommentare bekommt, von Lesern, die sich nicht im Entferntesten vorstellen können, wie Eure Situation zu Hause ist. In Deinen Darstellungen kann man lesen, wie sehr ihr Euch um eine gute Situation für die komplette Familie, insbesondere für Tim, bemüht. Man geht/wählt diesen Schritt nicht aus einer Lust oder Laune heraus sondern, weil man mit seinen Kräften am Ende ist und das kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich wünsche Euch für die Zukunft alles Gute und Liebe! Herzliche Grüße, Marcella
Liebe Marcella, auch dir vielen Dank für deine Worte. Eine Sache die ich durch unsere Kinder gelernt habe, und wofür ich unendlich dankbar bin, ist, andere eben NICHT zu bewerten oder gar zu verurteilen. Und schon gar nicht, wenn man nicht selber in einer solchen Situation gesteckt hat. Gerade mit Tim habe ich von Anfang an extrem viele ‘tolle’ und ‘hilfreiche’ Kommentare bekommen was sein Verhalten angeht, und woran das ganz bestimmt liegt. Oder wir wurden gemieden aufgrunddessen. Das alles hat mich zu einem stärkeren, besseren, rücksichtsvolleren und einem vor(schnell)urteilsfreieren Meschen gemacht. Zumindest glaube ich das 😉 Liebe Grüße, und werde gleich mal bei deinem Blog vorbeischauen!
Hallo Eva,
Dich zu verurteilen, würde bedeuten, den Ernst der Lage in einem Haushalt wie Deinem oder auch meinem zu verneinen.
Es ist sehr anstrengend, ein Kind komplett ohne Unterstützung und ohne Schule zu Hause zu haben. Ich spreche da aus Erfahrung. Wir haben damals in den 16 Monaten ohne Schule wohl einfach nur Glück gehabt, dass man uns (bzw. meine “hochgestochenen” Ansprüche) nicht haben wollte.
Wer sich traut, zu bewerten, und nie in einer solchen Lage war, der hat halt einfach keine Erfahrung! Lass Dir das bitte nicht zu Herzen gehen.
LG Anita
Liebe Anita, ich denke die, die uns verurteilen verneinen nicht einmal den Ernst der Lage. Sie verkennen ihn, da sie es sich schlicht nicht vorstellen können. Und gerade dann sollte man eigentlich nicht bewerten, doch das wiederum fällt einigen eben sichtlich schwer. Lieben Dank für deinen Worte!
Es tut mir so leid für Tim. Hattest du doch so viele Hoffnungen auf diese Einrichtung gesetzt. Meine Befürchtungen seinerzeit haben sich da leider bestätigt.
Ich hoffe, ihr findet einen Weg. Auch wir waren mehr als verzweifelt, aber wir haben endlich die Unterstützung gefunden, die wir brauchen, und unserem Sohn geht es gut dabei. Es hat lange gedauert und die Schäden, die angerichtet wurden werden erst nach und nach sichtbar. Dennoch bleibt uns allen (auch euch) die Hoffnung, dass es immer Zufälle im Leben gibt, die uns mit den richtigen Menschen zusammenführen.
Lieben Gruß
Liebe Eva, danke für deinen offenen Bericht. Wenn ich mir noch nicht 100% sicher war, mich auf solche “Vorschläge” nicht einzulassen, dann bin ich es jetzt. Man hofft ja doch irgendwie immer, dass man endlich mal Hilfe bekommt, die Experten wissen, was sie tun… Ich kann deinen Frust und deine Verzweifelung so gut nachvollziehen und vieles klingt erschreckend “bekannt”. Wenn dein Sohn noch lernen will, ist evtl. die Web-Individulalschule Bochum eine Möglichkeit. 1:1 Beschulung über Skype. Das Ruhen der Schulpflicht ist allerdings Bedingung, und es ist leider teuer, aber vielleicht ist das mit einer Finanzierung über das Jugendamt in eurem Bundesland einfacher als bei uns. Die geben sich jedenfalls wirklich Mühe und arbeiten mit den Eltern zusammen. Da du ja auch einiges aus dem Englischen übersetzt hast und falls dein Sohn schon bei Minecraft angekommen ist, schaut euch mal Autcraft an – ein Minecraft Server nur für Autisten – soll für viele besser als alle Therapien sein und was “Autismfather” so schreibt ist mit das Beste was ich über Autismus in letzter Zeit gelesen habe. Viele Grüße und viel Kraft! Tina
Liebe Tina, vielen Dank für deinen Kommentar! Ich bin gerade neulich auf einer engischen Gruppe auf den Minecraft Server für Autisten gestoßen und war sehr interessiert. Denn, ja, bei Minecraft sind wir angekommen – es gibt momentan eigentlich nicts außer Lego und Minecraft!
Ja, Minecraft ist irgendwie die logische Fortsetzung von Lego – aber mit unendlich vielen Steinen (zumindest im creative mode) :-). Ich habe auch irgendwo gelesen, dass es gerade Autisten sehr anspricht. Hier gibt es einen meiner Meinung nach sehr guten Artikel über Autcraft: http://www.buzzfeed.com/charliewarzel/this-minecraft-community-is-saving-the-lives-of-children-wit#.nnVA5ALAW. Ob es wirklich so ist, weiß ich (noch) nicht -unser Sohn wartete gerade auf die Zulassung zur whitelist. Als er Autcraft entdeckt hatte, hat er mit folgenden Link geschickt: https://www.facebook.com/autcraftserver/posts/813477282110992 Vielleicht kannst du ihn teilen, ich bin nicht auf facebook, denke aber das sollten so viele Menschen wie möglich mal lesen. Viele Grüße Tina
Nachtrag: Ich habe deinen Blog entdeckt als ich PDA und Asperger gegoogelt habe und dann deutschsprachige Seiten. Da kommt außer ein paar schweizer Seiten und deinem Blog praktisch nichts… Das erste Mal etwas über PDAS gelesen habe ich in dem Buch “Die vielen Farben des Autismus” des schweizer Kinderpsychiaters Thomas Girsberger (sehr empfehlenswert!) und dann habe ich weiter gesucht und eben in Englisch gelesen, da gibt es sowieso viel mehr/oft die besseren Informationen, das Buch von Phil Christie “Understanding PDAS in Children” steht mittlerweile auch im Bücherregal… Ich bewundere dein Engagement – bitte mach weiter! Informationen sind so wichtig, unabhängig, ob das Kind dann eine/die Diagnose bekommt. Wie oft habe ich mir gewünscht, eher mal was über Asperger Autismus gehört zu haben – wir wären dann vielleicht nicht an dem Punkt, wo wir jetzt sind (Totalverweigerung von Schule, die Diagnose kam, als schon nichts mehr ging). Als ich vor reichlich 2 Jahren auf Asperger Autismus gestoßen bin, machte auf einmal so vieles Sinn, was vorher nicht erklärbar/nachvollziehbar war. Trotzdem passt nicht alles, mit PDA könnten die letzten “Puzzelstücke” ihren Platz finden… Ich wüsste gern, ob es so ist, habe aber nicht mal den Mut gehabt in der Autismusambulanz darüber zu diskutieren – dort höre ich ständig seine Verweigerungen wären nicht autistisch, wir sollen mehr Druck machen, nur mehr Druck bewirkt das genaue Gegenteil (wir haben ja schon so ziemlich alles ausprobiert). Leider wird man als Eltern fast nie ernst genommen und ich kann ja den Experten schlecht erklären, dass sie mal die (englischsprachige) Fachliteratur lesen sollen… Ach ja, ich habe 2 Kinder – die Große ist kurz vorm Abi und zeigt mir, dass wir als Eltern nicht alles falsch gemacht haben können, unser Sohn ist seit 1 Jahr zu Hause, weil er mit Schule nichts mehr zu tun haben will und niemand weiß, wie ihm geholfen werden könnte. Viele Grüße Tina
oje, das hört sich bei euch ja leider auch sehr schwierig an – für dich und für deinen Sohn. Es ist tatsächlich so, dass man auch sehr selbstbewusste und offene Therapeuten stoßen, damit sie bereit sind sich mit neuen Dingen, wie PDA, auseinanderzusetzen- Vor allem, wenn diese von den Eltern vorgetragen werden. Ich habe gerade neulich wieder von einem Sozialpädagogen gesagt bekommen, dass das meiste ja nichts mit AUtismus zu tun habe, sondern ‘eine Erziehungssache’ sei. Und dass er sowieso nichts von Modediagnosen wie Autismus halten würde….meine Antwort darauf war, dass es mir auch egal ist ob und welche Diagnose dahintersteht, solange man bereit ist die Strategien anzuwenden, die dem individuellen Kind wirklich helfen…und das sind ja bei einem PDA Kind teilweise ganz andere als bei anderen Autisten.
Das Buch von Phil Christie habe ich auch. Auch and anderes von ihm und Ruth Fidler, weil besonders gut geeignet ist fürLeute, die interessiert sind aber noch nichts damit zu tun hatten. Und da hatte ich neulich tatsächlich den Fall, dass mich jemand (die Leiterin eines Jugendhilfezentrums) speziell nach diesem Buch gefragt hat, da sie sich gerne informieren möchte. Es gibt also auch positive Resonanz, und deswegen lohnt es sich definitv, weiter Information bereit zu stellen!
liebe Grüße und auch euch viel Kraft!
Ja, es ist alles andere als einfach, aber wenn ich eure Geschichte lese (ich habe mal den Blog von hinten angefangen), dann sollte ich mich nicht beklagen. Wir hatten (zumindest im Rückblick ;-)) 10 realtiv unbeschwerte Jahre, unser Sohn war ein schwieriges, aber fröhliches Kind – wahrscheinlich hatten wir auch einfach Glück mit einer tollen Kindergärtnerin und einer kleinen, guten Klasse in der Grundschule. Die Probleme fingen dann so richtig im Gymnasium an – große, problematische Klasse, überforderte Lehrer, keine Zusammenarbeit mit den Eltern… Frustrierend ist, wenn ein Kind “funktionieren” soll und niemand auch nur in Erwägung zieht, dass das (sicher extreme) Verhalten auch Gründe haben könnte. Noch frustrierender ist, dass man dann auf den Start einer Spezialdiagnostik auch noch ewig (bei uns waren es 9 Monate!) warten muss, obwohl eigentlich schon nichts mehr geht und, dass dann selbst mit/nach der Diagose niemand (mehr) helfen kann. Deshalb – auch wenn ich mich wiederhole – sind Informationen so wichtig. Es wird sicher lange dauern, aber “steter Tropfen hölt den Stein”… Evtl. kannst du die Infos zu PDA auch an TOKOL e.V. (tokol.de) weitergeben, dass ist ein Verein, der spezielle Ferienlager für ADHS- und Asperger-Kinder organisiert und gute Info-Seiten hat, die sind vielleicht offen dafür. Viele Grüße Tina